Die Stadt Leipzig gründete 1998 den Caroline-Neuber-Preis, der biennal weiblichen Theaterschaffenden verliehen wurde. Die Anerkennung erfolgt für hervorragende künstlerische Leistungen maßstabsetzenden Charakters. Der Preis erinnert an die deutsche Theaterreformatorin, Schauspielerin und Theaterprinzipalin Friederike Caroline Neuber (1697-1760). Sie wirkte viele Jahre lang in Leipzig und erhielt 1727 das sächsische Privileg, ein festes Theater zu führen. Dieses befand sich auf dem »Großen Blumberg« am Brühl, heute am Richard-Wagner-Platz. Ann-Elisabeth Wolff erhielt den Preis im Jahr 2008 und war die erste Preisträgerin, die in Leipzig lebte und wirkte.
2020 wurde der Preis neu ausgerichtet und in »Internationales Caroline-Neuber-Stipendium der Stadt Leipzig« umbenannt. (siehe auch die Veranstaltung im Rahmenprogramm 2020)
Ann-Elisabeth Wolff erhält den mit 6.000 Euro dotierten Caroline Neuber-Preis 2008.
Die Jury würdigte mit ihrer Entscheidung eine Theaterschaffende, die sich seit der Gründung des internationalen Theater-Festivals euro-scene Leipzig im Jahr 1991 mit nicht nachlassender Kraft für den Aufbau und den Erhalt dieses Festivals eingesetzt hat.
Die Preisverleihung findet anlässlich des Geburtstages von Caroline Neuber am 9. März 2008 im Rahmen einer Matinee im Schauspiel Leipzig statt.
Nach dem frühen Tod des Gründungsdirektors der euro-scene Matthias Renner, mit dem Ann-Elisabeth Wolff bereits das erste Programm konzipiert hatte, war sie ohne Zögern bereit, die Leitung und damit die volle Verantwortung für dieses Festival zu übernehmen.
Es ist ihr nicht nur gelungen, immer wieder die notwendige Finanzierung zu sichern und so eine beeindruckende Kontinuität zu schaffen, sie hat der euro-scene Leipzig, dem ersten bedeutenden Festival für zeitgenössisches europäisches Theater in einem neuen Bundesland, mit wohldurchdachten Konzepten ein eigenes Profil gegeben. Die Programme sind nicht, wie so häufig zu beobachten, zusammen gemischt aus den gerade modischen, durch die Welt reisenden »events« des aktuellen Theaterangebots, sondern mit Bedacht ausgesucht für ein spezielles Publikum in Leipzig und folgen erkennbaren inhaltlichen Linien und Themen.
Der große Zuspruch der Besucher, ihre kritische Offenheit gegenüber oft anspruchsvollen und radikalen Präsentationen zeitgenössischen Theaters und Tanzes sind Ergebnis dieser sorgfältigen Aufbauarbeit.
Angetrieben von einer immer wachen Neugier, unermüdlich auf Reisen und der Suche nach neuen, überzeugenden künstlerischen Ausdrucksformen hat Ann-Elisabeth Wolff mit der euro-scene ein Festival geschaffen, das zunehmend auch internationale Beachtung findet und ein interessiertes Publikum nach Leipzig lockt.
Sie ist damit eine würdige Nachfolgerin von Caroline Neuber.
Mit dem seit 1998 alle zwei Jahre vergebenen Preis ehrt die Stadt weibliche Theaterschaffende aus dem deutschsprachigen Raum, die mit ihren hervorragenden künstlerischen Leistungen Maßstäbe gesetzt haben.
Der Preis erinnert an die deutsche Schauspielerin und Theaterprinzipalin Friederike Caroline Neuber (1697 - 1760). Die »Neuberin«, wie sie auch genannt wurde, arbeitete eng mit Gottsched zusammen, erhielt 1727 das sächsische Privileg, ein festes Theater zu führen, und verbannte in Leipzig im Jahre 1737 auf offener Bühne in einem allegorischen Vorspiel den Hanswurst von der Bühne.
Bisherige Preisträgerinnen waren die Schauspielerin Jutta Hoffmann (1998), die Schauspielerin Inge Keller (2000), die Regisseurin Konstanze Lauterbach (2002), die langjährige Intendantin des Berliner Hebbel-Theaters Nele Hertling (2004) und die Regisseurin Karin Henkel (2006).
Über Ann-Elisabeth Wolff
Ann-Elisabeth Wolff, 1953 in Halle/Saale geboren, wuchs in Leipzig auf. Ihre Eltern waren der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Hellmuth Christian Wolff und die Opernsängerin Liselotte Wolff. Sie studierte von 1971-1975 Musikwissenschaft an der Karl-Marx-Universität Leipzig und schloss mit einem Diplom ab. Neben ihrem Studium absolvierte sie eine Ausbildung in Klavier und Gesang an der Hochschule für Musik »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig. An der Theaterhochschule »Hans Otto« in Leipzig belegte sie als Gasthörerin das Fach Theaterwissenschaft. Eine Regieassistenz an der Oper Leipzig bei Joachim Herz gab erste Einblicke in die künstlerische Praxis.
Ann-Elisabeth Wolff arbeitete seit 1975 als Lektorin für Bühnenwerke und Vokalmusik im Musikverlag Edition Peters Leipzig bis zu dessen Schließung im Jahr 1990. Gleichzeitig war sie seit 1985 für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften über Musiktheater und Tanz journalistisch tätig.
Im Jahr 1991 gründete sie mit Matthias Renner das Theater- und Tanzfestival euro-scene Leipzig und war dessen Stellvertreterin. Nach Renners überraschendem Tod 1993 übernahm sie die Direktion und leitet das Festival bis heute. Die euro-scene Leipzig ist das einzige Festival für zeitgenössisches Theater und innovativen Tanz in den neuen Bundesländern sowie eines der wichtigsten seiner Art in Europa. 2002 holte sie die »Tanzplattform Deutschland« nach Leipzig und war deren Projektleiterin.
Als Festivaldirektorin ist Ann-Elisabeth Wolff Mitglied des Informal European Theatre Meeting (IETM) mit Sitz in Brüssel und des Internationalen Theaterinstitutes (ITI), Sektion Bundesrepublik Deutschland in Berlin. 2006 wurde sie in den Vorstand des ITI gewählt.
Gemeinsam mit dem Theaterwissenschaftler Michael Freundt veröffentlichte sie die Publikation: »Neugier und Leidenschaft« – Festivalschrift anlässlich der 10. euro-scene Leipzig.
Leipzig, 01.02.2008
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Programmablauf der Preisverleihung am 09.03.2008 im Schauspielhaus Leipzig |
Das Gastspiel von Jonathan Burrows & Matteo Fargion, London, mit der Performance »Both sitting duet« war schon einmal bei der euro-scene Leipzig 2007 zu sehen. (PDF Abendprogramm 2007) |
Die Laudatio wurde von Michael Freund, Theaterwissenschaftler und ehemaliger Mitarbeiter der euro-scene Leipzig, gehalten. (PDF aus: Festivalschrift 30 Jahre euro-scene Leipzig) |
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Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, verkündete nach der Festivaleröffnung 2007 die Preisübergabe an Ann-Elisabeth Wolff. Foto: Rolf Arnold, Leipzig, 2007 |
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Georg Girardet, Beigeordneter für Kultur der Stadt Leipzig / Michael Freundt, Co-Direktor Internationales Theaterinstitut (ITI), Berlin / Ann-Elisabeth Wolff / Wolfgang Engel, Intendant Schauspiel Leipzig / Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Leipzig (von links nach rechts). Foto: Rolf Arnold, Leipzig, 2008 |
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Jonathan Burrows & Mattheo Fargion, London »Both sitting duet« innerhalb der Matinée anlässlich der Preisverleihung. Foto: Rolf Arnold, Leipzig, 2008 |
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Ann-Elisabeth Wolff sagt »Danke!«. Foto: Rolf Arnold, Leipzig, 2008 |
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Der »Ordre des Arts et des Lettres« (»Orden der Künste und der Literatur«) ist ein französischer Orden, der seit 1957 vom französischen Kulturministerium gestiftet und verwaltet wird. Der Orden wird verliehen an »Personen, die sich durch ihr Schaffen im künstlerischen oder literarischen Bereich oder durch ihren Beitrag zur Ausstrahlung der Künste und der Literatur in Frankreich und in der Welt ausgezeichnet haben«.
Der Orden wurde am 29.10.2009 an Ann-Elisabeth Wolff im Institut français de Leipzig verliehen. Charles Malinas, Botschaftsrat für Kultur, Bildung und Hochschulwesen und Leiter des Institut français d'Allemagne in Berlin, nahm die Preisverleihung des »Chevalier des Arts et des Lettres de la République française« vor. Er würdigte die Verdienste von Ann-Elisabeth Wolff, die zahlreiche französische Künstler zur euro-scene Leipzig eingeladen und somit in Deutschland bekannt gemacht hat. Fast jedes Jahr waren Tanz- und Theaterproduktionen aus Frankreich zu sehen, meist als Deutschlandpremieren. Genannt seien als Beispiel die Choreografen Josef Nadj, Angelin Preljocaj, Mathilde Monnier, Alain Buffard, Maguy Marin, Gisèle Vienne, Frédéric Flamand, Olivier Dubois und Pierre Rigal.
1999 erfolgte der Schwerpunkt »Lyon« mit mehreren Gastspielen aus dieser Partnerstadt von Leipzig. Josef Nadj war mehrfach eingeladen, und 2008 wurde ein Schwerpunkt mit drei seiner Stücke sowie eine Ausstellung von einigen seiner Gemälden gezeigt. Im Laufe der Jahre waren auch zahlreiche Kinderstücke aus Frankreich zu sehen, z. B. von Julien Cottereau, Michel Laubu, Catherine Raffaeli und Claire Monot, damals meist noch völlig unbekannte Künstler, die von Ann-Elisabeth Wolff meist beim Festival d'off in Avignon aufgespürt wurden und mit ihrem Charme das Leipziger Publikum begeisterten.
Franck Trouilloud, Direktor des Institut français de Leipzig, gab im Anschluss an die Preisverleihung einen Empfang.
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Ann-Elisabeth Wolff wurde dieser Preis der Republik Österreich am 20.05.2022 in der Österreichischen Botschaft in Berlin verliehen. Die Preisverleihung nahm der Botschafter der Republik Österreich, Dr. Peter Huber, vor. Anwesend war auch Frau Dr. Denise Quistorp, Direktorin des Österreichischen Kulturforums Berlin.
Gastspiele aus Österreich haben bei der euro-scene Leipzig immer eine Rolle gespielt, so gab es 1993 ein Gastspiel des Burgtheaters Wien mit zwei Stücken von George Tabori als Festivaleröffnung zu sehen: »Berichte für eine Akademie« und »In der Strafkolonie« nach Franz Kafka. Innerhalb des Abends »Tanz aus Österreich« gastierten Philipp Gehmacher und Milli Bitterli aus Wien. Das Theater ohne Grenzen von und mit Airan Berg, Darsteller, und Otto Lechner, Musiker, war mit »Schlappstock« eindrucksvoll in den Kasematten unter dem Neuen Rathaus zu sehen. Im Jahr 2016 folgte dann ein Paukenschlag: Der vielseitige Nikolaus Habjan, Puppenspieler, Darsteller, Regisseur und Kunstpfeifer, damals noch nicht in Deutschland bekannt, wurde entdeckt und gleich im ersten Jahr mit einer Werkschau eingeladen, die vier Stücke von und mit ihm sowie ein Pfeifkonzert zeigte. Er prägte das Festival mit seinen Stücken in allen Folgejahren bis 2020. Sein eindrucksvollstes Stück »F. Zawrel - erbbiologisch und sozial minderwertig« wurde nochmals bei der Verabschiedung von Ann-Elisabeth Wolff im September 2021 gezeigt.
Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst an Frau Ann-Elisabeth Wolff
Der Botschafter der Republik Österreich, Dr. Peter Huber, überreicht am 20. Mai 2022 an der Österreichischen Botschaft Berlin das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst an Frau Ann-Elisabeth Wolff.
Als Programmleiterin und Geschäftsführerin des Festivals „euro-scene Leipzig“ ermöglichte Frau Wolff im Laufe der Jahre vielen österreichischen Künstlerinnen und Künstlern, oft auch im Rahmen von Deutschlandpremieren, aufzutreten, bekannt zu werden und darüber hinaus wichtige Kontakte zu knüpfen. Ann-Elisabeth Wolff reiste regelmäßig durch Europa auf der Suche nach Inszenierungen von internationaler Qualität und lud namhafte europäische Tanz- und Theaterhäuser ebenso wie junge, noch zu entdeckende Compagnien nach Leipzig ein.
Frau Wolff erwies sich als Freundin und Kennerin der österreichischen Theater- und Tanzszene, die auch von Anfang an beim „euro-scene Leipzig“ vertreten war, wie beispielsweise 1993 ein Ensemble des Wiener Burgtheaters mit der Aufführung „Berichte für eine Akademie“, 2013 das Theaterstück „Rechnitz (Der Würgeengel)“ von Elfriede Jelinek im Schauspielhaus Leipzig oder 2018 das Schauspielhaus Graz mit Nikolaus Habjans „Böhm“.
Aufgrund des Engagements von Frau Wolff bekamen innovative und ambitionierte Kunstschaffende aus Österreich eine deutsche Bühne, die zugleich auch eine europäische ist. Damit unterstützte Ann-Elisabeth Wolff auch die Bemühung der Botschaft und des Kulturforums, österreichisches zeitgenössisches Tanz- und Theatergeschehen in Deutschland zu präsentieren und zu vernetzen und dabei auch in einen europäischen Kontext zu stellen.